Agilität ist kein »Nice-to-have« mehr, sondern eine wichtige Voraussetzung für Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit, um sich in einem sich stetig wandelnden Umfeld behaupten zu können.
Aber was bedeutet eigentlich Agilität?
Gabler[1] definiert Agilität wie folgt: «Agilität ist die Gewandtheit, Wendigkeit oder Beweglichkeit von Organisationen und Personen bzw. in Strukturen und Prozessen. Man reagiert flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Anforderungen. Man ist, etwa in Bezug auf Veränderungen, nicht nur reaktiv, sondern auch proaktiv.»
Und was bedeutet das für Unternehmen?
Gabler[1] schreibt dazu: «In Unternehmen ist man oft auf festgelegte Prozesse und im Detail geplante Projekte fokussiert. Agilität kann hier bedeuten, dass Prozesse unterbrochen und angepasst sowie Projekte wiederholt neu aufgesetzt werden, etwa mit Blick auf veränderte Kundenwünsche und Marktanforderungen. Sie kann zudem beinhalten, Prozesse und Projekte in gewisser Weise abzuschaffen. Agile Unternehmen bevorzugen ein iteratives Vorgehen und eine inkrementelle Lieferung.»
Die oben genannte Definition gilt es in jedem Fall in den Kontext des eigenen Unternehmens und dessen Umfeld zu setzen. Nicht jedes Unternehmen und jedes Umfeld verlangt «noch» nicht nach einer Agilität in dieser Ausprägung. Dennoch ist jedes Unternehmen vom Wandel betroffen und muss sich dem Umfeld anpassen.
Aber reflektieren Sie selbst:
- Wie hat sich das Anfrage- und Bestellverhalten Ihrer Kunden verändert?
- Welche Kanäle nutzen Ihre Kunden zur Informationsbeschaffung, zum Bestellen, zur Lieferung und welche nicht mehr?
- Welche Verfahren und/oder Technologien haben Sie vor wenigen Jahren noch nicht eingesetzt – wo möglich noch nicht mal gekannt - und welche setzen Sie nicht mehr ein?
- Wie veränderte sich der Zahlungsverkehr und wie steht es um neue Zahlungsmittel?
- Wo kaufen Sie die Fahrkarte für die Nutzung des ÖV – oder - nutzen Sie eventuell schon eine APP?
- Warum gibt es ein Angebot für das Auto im Abo?
- Wie hat das Thema Homeoffice die Arbeitswelt verändert?
3 Erkenntnisse:
- Falls Sie zur Überzeugung gelangt sind, dass sich die Welt dreht und sich auch Ihr Umfeld verändert - wenn auch nur langsam - so ist das eine erste wichtige Erkenntnis.
- Wenn Sie der Meinung sind, dass die Veränderungen Ihr aktuelles oder aber vor allem auch ihr zukünftiges Umfeld direkt beeinflussen wird, dann ist das die zweite wichtige Erkenntnis.
- Und wenn Sie der Hypothese zustimmen, dass reagieren – oder besser agieren – auf Veränderungen inkl. kontinuierlicher Anpassung der gesamten Unternehmung für das zukünftige Überleben Ihrer Organisation wichtig ist, dann ist das die dritte wichtige Erkenntnis.
Aber warum beschäftigt das Thema Agilität zunehmend die Unternehmen?
Nun, die Digitalisierung und vor allem die digitale Transformation haben – und werden – in gewissen Märkten neue Geschäftsmodelle, neue Produkte und Dienstleistungen und oft auch neue und vielleicht auch Branchenfremde Wettbewerber hervorbringen. Diese zunehmende Dynamik und Komplexität überfordern viele bestehende Organisationen, gerade auch dann, wenn Sie mit ihren bestehenden Geschäftsmodell(en) bereits über eine geraume Zeit sehr erfolgreich operieren.
Was aber sind die Schlüsselfaktoren für Agilität im Unternehmen?
- Strategie und Sinngebung
Die Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit gewinnt weiter an Bedeutung und verdrängt zunehmend die primäre Orientierung an Leistung, Aufgabenerfüllung und Gewinnstreben. Flexibilität und Selbstbestimmung spielen eine immer größere Rolle, sodass sich auch die bisherige Trennung von Berufs- und Privatleben zunehmend verändert. - Strukturen und Prozesse
Für Organisationen bedingen diese Trends den Wandel altbewährter Strukturen und Prozesse. Flache Hierarchien, agiles Projektmanagement und autonome Expertenteams sind Beispiele veränderter Organisationsstrukturen. - Partizipation und Kollaboration
Komplexe Probleme können mehr und mehr nur noch mit interdisziplinären Teams gelöst werden, möglicherweise auch erst über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg. - Lernende Organisationen
Wissen wird immer kurzlebiger und muss sich kontinuierlich erneuern. Dabei ist die Wissensgenerierung mehr und mehr eine kollaborative Aufgabe des Unternehmens, da Wissen von interdisziplinären Wissensträger im Unternehmen selbst generiert oder von extern ins Unternehmen hineingetragen wird. Lebenslanges Lernen ist das was von jedem Menschen im digitalen Zeitalter verlangt wird, doch das gilt genauso für Organisationen. - Mut zu Vielfalt
Mut zu anderen Lösungen, neues auszuprobieren, andere Meinungen und Betrachtungsweisen annehmen auch wenn es auf den ersten Blick nicht perfekt erscheint.
Um diese Fähigkeit zu entwickeln, setzen agile Organisationen zunehmend auf Teamarbeit sowie den Einsatz agiler Methoden und digitaler Technologien. Die Effektivität dieser veränderten Strukturen bedarf allerdings auch einer aktiven Mitarbeit von Menschen und damit eines kulturellen Wandels, für den vor allem Führungskräfte verantwortlich sind. Es geht um ein neues Verständnis von Führung im Kontext von Leadership mit digitalen Führungskompetenzen mit Schwerpunkten wie:
- Transparenz und Offenheit
- Vertrauen und Reflexion
- Empowerment und Fehlerkultur
Fazit:
Es gilt, weniger in Funktionen, sondern in Prozessen denken. End to End Prozesse die sich an den Bedürfnissen der Kunden, der Customer Journey, der Leistungserbringung und Wertschöpfung ausrichtet. Agil zu sein schafft Werte, nicht nur für Kunden, sondern auch für das Unternehmen. Mitarbeiter werden stärker in das Unternehmen eingebunden und übernehmen deutlich mehr Verantwortung was in einer höheren Motivation und einem grösseren Engagement resultiert.
Agilität wird zu einer der wichtigsten Kompetenzen für Unternehmen. Denn sie ist der Erfolgsfaktor, um die Herausforderungen der Digitalisierung und der digitalen Transformation erfolgreich anzugehen. Agil bedeutet nicht nur anpassungsfähig und flexibel zu sein, sondern sich an den Bedürfnissen und den Veränderungen des Marktes kurzfristig und innovativ neu ausrichten zu können. Wenn das gelingt, dann wird Agilität zur strategischen Kernkompetenz und damit zum Wettbewerbsvorteil, der nur schwer zu kopieren ist.
Quellen:
- Gabler Wirtschaftslexikon, abgerufen am 28.07.2021, https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/agilitaet-99882